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LITERATUR

Atelieransicht - 2022 - 02.jpg

Katalog: Levente Szücs - Augmented Nature 
Herausgeber: Galerie Reinisch Contemporary, Graz

Levente Szücs
Augmented Nature


Die Realität nur zu erfassen ist schon schwer genug, sie dann auch noch zu erweitern erst recht. Eine der diffizilsten und komplexesten Themenfelder innerhalb der Malerei bzw. der Kunst allgemein ist ihre Beziehung zur Realität. Allein bei der Transformation von Realität ins Bild, ergeben sich schon tiefgreifende Probleme. Wenn man dabei nur die beiden Pole „gegenständlich“ und „abstrakt“ verwendet, kommt man bei deren Lösung schwer weiter. Was ist also unsere Realität, wer
konstruiert sie und wird sie überhaupt als Konstruktion wahrgenommen?


Levente Szücs, ein junger, in Düsseldorf und Wien lebender Maler, widmet seine Malerei diesen großen Fragen. Seine erste künstlerische Ausbildung erhielt Levente Szücs in Ungarn. Die Tradition des „Sozialistischen Realismus“ ließ ihn das Handwerk des Malers akribisch erlernen. Sein Interesse galt bis zu seinem Wechsel nach Düsseldorf der gegenständlichen Abbildung der sichtbaren Wirklichkeit. Die abstrakte gestische Malerei als absoluter Gegenpol kam erst danach ins Spiel. Warum eines gegen das andere austauschen und nicht beides behalten? Das eine mit dem anderen zu ergänzen, zu verändern und zu etwas komplett Neuem werden lassen, dazu ist die Malerei von Levente Szücs im Stande. In sehr aufwändiger Technik hat der Künstler hyperrealistische Bilder – meist von Waldgebieten – auf die Bildfläche gebracht. Später hat er diese Malerei durch direkte
Belichtung von Fotos auf dem mit Emulsion beschichteten Malgrund ersetzt. Die gestisch gesetzten Pinselstriche bedecken die Walddarstellungen teilweise. Übermalungen? Nein, Szücs malt die abstrakten Farbflecken vor den realistischen Passagen, er dreht das System der Übermalung gleichsam um. Er reagiert somit nicht auf ein bestehendes Bild, zerstört, ergänzt oder akzentuiert dieses, sondern seine Malerei stellt eine Lösung dar, die diese beiden Extrempole – Gegenständlichkeit und Abstraktion – gleichwertig einsetzt. Die vom Zufall geprägten Flecken und Spritzer helfen nicht das Bild eines tatsächlichen Waldes wiederzugeben. Sie können aber helfen den subjektiven Zugang des Wanderers, des Beschauers zu veranschaulichen.


„Augmented Reality“ nennt man eine digitale Erweiterung eines realen Zustandes. Dieses Prinzip setzt Levente Szücs in seiner Kunst ein. Es sind nicht grafische Linien, Texte, Sounds oder andere naheliegende Dinge und er benötigt dazu auch keinen Computer. Es ist Malerei kontra fotografisches Bild. Der Künstler scheint dem Publikum zuzurufen, es ist alles Konstruktion, vergiss die Wirklichkeit sie täuscht dich nur… Die Farbflecken sind, nebenbei betrachtet, ebenso Teil der Realität – nicht des
Waldes, aber möglicherweise einer individuellen Seh- bzw. Wahrnehmungsweise. Sicher aber sind sie unteilbar und unverwechselbar ein Synonym für Malerei. Der Wald ist als Thema eines der bedeutungsvollsten der Malerei- und Kulturgeschichte. Gleichzeitig ist er Ort der Romantik, der Erholung, des Sinistren, des Bedrohlichen und Wohnung von allerlei Getiers und Wesen der Finsternis. Die informelle Malerei wiederum hat den heroischen Zugang, der den Maler zum Medium,
zum Täter macht. Er kämpft sich durch das Dickicht (der Malerei) um dem Publikum von der erlebten Wirklichkeit zu berichten.


Wenn „Augmented Reality“ Orten oder Objekten zu einer erweiterten Realität verhilft, ist das im Prinzip das, was sie aus der Kunst gelernt hat. Dort wurden fast immer multidimensionale Erfahrungen und Interpretationen der Realität ausgelöst. Avancierte digitale Technologien ermöglichen es heute nicht nur Künstler*innen die Realität zu manipulieren. Entsprechende Apps auf dem Smartphone genügen auch dem Laien.


Levente Szücs positioniert sich als Maler sehr präzise in diesem Bedeutungsgeflecht. Verblüffend ist der Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Realitätswahrnehmung, wenn man diese Bilder sieht. Man wird sich erneut bewusst, in welch vagem Zustand sich unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit befindet.


Günther Holler-Schuster

Schloss Neersen

Katalog: Levente Szücs - Malerei 
erschienen anlässlich der Ausstellungsreihe „artificial nature" in der Galerie Schloss Neersen, Willich (Levente Szücs - 12. November bis 10. Dezember 2017)

Herausgeber: Kulturteam Stadt Willich 2017

Text:

Levente Szücs - Malerei

Levente Szücs „Erased Landscapes“ sind ein wenig so, als ob man durch eine Scheibe schaut, die man notdürftig freigewischt hat. Reste und Spuren bleiben zurück, die nur einen eingeschränkten Blick auf eine Landschaft frei geben. Auch die Landschaft selbst bleibt geheimnisvoll und undurchdringlich, schaut man doch in dichtes Unterholz, nebelverhangenen Auen oder schlicht in den endlosen Himmel. Der Herbst scheint dort eingezogen, denn das Laub ist bunt oder bereits abgefallen und nur kahle Baumstämme sind geblieben, deren dürre Zweige staksig in die Luft ragen. Manchmal liegt Schnee als zweite Haut auf den Ästen oder es sind nur dunkle Silhouetten von Bäumen gegen den lichten Himmel erkennbar.

Was wie Schlieren oder Wischspuren erscheint und den Blick auf das eigentliche Motiv verstellt, ist aber keineswegs eine grobe Übermalung des realistischen Bildes. Zwar kommt Levente Szücs aus der realistischen Malerei, sucht aber seit einiger Zeit nach einer Möglichkeit, diese mit abstrakten Formulierungen zu verbinden und Gegensätze in einer formalen Einheit aufzulösen. Ein Blick auf die Geschichte der Kunst zeigt, dass zunächst vom naturalistischen Bild abstrahiert wurde, um so sukzessive zu abstrakten Formulierungen zu gelangen. Sich dieser Entwicklung durchaus bewusst reflektiert Levente Szücs als zeitgenössischer Maler das Verhältnis von Abbild und Abstraktion aber erneut, indem er das übliche Vorgehen kurzerhand umdreht.

Denn zunächst setzt Levente Szücs in einem weitgehend automatisierten Prozess intuitiv eine abstrakte Malerei aus breiten, sich überlagernden Pinselstrichen auf die Leinwand. Dass dies schnell geschieht, verrät der dynamische Duktus. So schnell, dass das Denken ausgeschaltet ist und der Zufall regiert. Meist arbeitet der Maler an mehreren Leinwänden gleichzeitig, denn nach dieser ersten Schicht folgt eine lange Trocknungsphase. Die Zeit nutzt er, um sich darüber klar zu werden, welches realistische Motiv er damit kombinieren möchte. Ob letztendlich die Art des schwungvollen Strichs, die Erinnerung, die der Farbklang hervorbringt, oder der noch nicht verblasste Eindruck eines Waldspaziergangs mit Hund für die Wahl den Ausschlag geben, bleibt ungewiss. Jedenfalls wird das zufällige, spontane Abstrakte zum Auslöser für das konkrete realistische Motiv. 
Ist dann die Entscheidung einmal gefallen, so setzt der Maler sie anschließend Schritt für Schritt um. Aber anstatt zum Pinsel greift Levente Szücs als erstes zu Klebeband und Skalpell. Damit bringt er aufwendig eine Maske auf den abstrakten Hintergrund auf, die diesen partiell vor Übermalungen schützt. Auf diese Weise können Silhouetten verschiedener Details ausgespart werden oder aber manchmal auch scharfkantige Flächen, die später im fertigen Bild als willkürlich angesetzte „Pinselstriche” erscheinen. Vielleicht als Zitat dessen, woraus auch die Illusion des naturalistische Bildes erwächst. Im Nebeneinander von isoliertem Strich und komplexer Bildidee scheint es letztendlich nur ein Frage des Maßstabs.

Auf den freigebliebenen, eben nicht mit Klebeband abgedeckten Flächen, entwickelt der Maler die ausgewählten realistischen Motive. Langsam, aber stetig baut er sie von hinten nach vorn, Schicht für Schicht auf, indem er altmeisterlich feine Lasuren mit stark verdünnter, nahezu transparenter Farbe auflegt. Erst nach abgeschlossener Trocknung kann jeweils eine weitere Schicht aufgetragen werden, deren Farbigkeit sich aufaddiert. So erreicht er die malerische Tiefe und die weiche nebelartige Übergänge, die so charakteristisch für seine Bilder sind.

Wenn die Maske aus Klebeband entfernt ist, wird erstmals das ganze Bild sichtbar. Jetzt stehen wie bei der Serie „Trees“ von 2014 harte, scherenschnittartige Baumsilhouetten weichen Wolkenformationen gegenüber, die in den weiten Himmelbildern niederländischer Landschaftsmalerei des 17. Jahrhundert ihren Ursprung haben könnten. Bei den „Erased Landscapes“ von 2015 und 2016 sind es dagegen Konturen eines stilisierten Duktus, die die abstrakte Untermalung durchblicken lassen, und paradoxerweise wie über dem Landschaftsbild liegend wahrgenommen werden. Nicht nur dieses Verwirrspiel, sondern vor allem die formale Balance der Gegensätze von abstrakt und naturalistisch, spontan und geplant, bewegt und ruhend kennzeichnen Levente Szücs Arbeiten.
 

Authorin: Jutta Saum M. A.

Rheinische Post:      "Kunst scheinbar unvereinbarer Gegensätze", Authorin: Angela Wilms-Adrians, erschienen am 10. November 2017, Stadt Willich,

WZ:                            "Bilder sorgen für einen Wow-Effekt", Author: Rudolf Barnholt, erschienen am 13. November 2017              

Neue Malerei

Katalog: Noch neuere Neue Malerei
Klasse Herbert Brandl, Kunstakademie Düsseldorf

Niklas Beverungen, Helena Biermann, Felix Büchel, Jenny Delhasse, Greta Ehmann, Bradley Emerson, Laura-Helene Förster, Jürgen Hohl, Johanna Honisch, Takeshi Kitajima, Timo Kozlik, Koeun Lee, Katrin Lüdorff, Johanna Müller, Prae Pupityastaporn, Christina Puth, Beatrice Richter, Jae Seong Ryu, Christian Seidler, Sabrina Seppi, Rhea Standke, Levani Svanishvili,

Levente Szücs, Hiroki Tanaka, Alicia Viebrock, Tristan Wilczek, Eliza Wiszniewska, Alexandra Woyde, Yi Wu
erschienen anlässlich der Ausstellung der Klasse von Professor Herbert Brandl, Kunstakademie Düsseldorf, von Oktober 2015 bis September 2016 in der NRW.BANK in Düsseldorf.
Herausgeber: Alicia Viebrock und Christina Puth für die Klasse Professor Herbert Brandl, Kunstakademie Düsseldorf

Text (Ausschnitt):

 

"Levente Szücs verschneidet abgebildete Landschaft mit abstrakten Pinselstrichen. Gestus und Spur relativieren den illusionären Fenstercharakter der Malerei."

Author: Florian Steininger

Brillant

Katalog: BRILLANT
Junge Kunst aus der Kunstakademie Düsseldorf

David Czuprin, Carolin Eidner, Alex Grein, Julius Linnenbrink, Vera Mündel, Filiz Özcelik, Alexander Romley, Natascha Schmitten, Philippa Schöne, Christian Seidler, Astrid Styma, Levente Szücs, Constanze Wiater, David Benedikt Wirth
erschienen anlässlich der Ausstellung „BRILLANT“ in der WGZ BANK , Düsseldorf (4. September bis 7. Oktober 2014)
Herausgeber: WGZ BANK AG

ISBN 978-3-00-046319-8

Text:

"Ich arbeite in Prozessen, in Phasen. In meiner Arbeit geht es darum, dass ich ganz eindeutige Gegensätze miteinander verbinde: abstrakt und naturalistisch, Idee und Zufall, Hintergrund und Vordergrund, bewusst und unbewusst."

Levente Szücs' Landschaftsbilder bestehen aus mehreren Schichten; sie entstehen in einer Abfolge von sehr schnellen und meditativen Handlungsabläufen. Dass diese immer parallel an mehreren Leinwänden koordiniert werden, bringt den Produktionsprozess in einen performativen Kontext. In der ersten Phase werden nur abstrakte Bilder gemalt, die in wenigen Minuten fertig sind - ein intuitiver, vom Zufall bestimmter, gleichsam automatisierter Prozess: "Ich überlege nicht, welche Farben ich nehme und was wohin auf die Leinwand kommt. Ich schalte einfach völlig ab, und das Bild entsteht automatisch." Danach realisiert er seine Idee des Motivs. In der WGZ BANK werden neben der Silhouette einer Hügellandschaft drei Baum-Bilder gezeigt, deren fotografischen Bildvorlagen - aus dem Grafenberger Wald in Düsseldorf - von ihm selbst stammen. "Hier muss ich jedes einzelne Blatt abkleben, mit kleinen Klebebandstücken, wie eine Maske. Das ist wiederum ein Prozess, der ganz meditativ ist, weil man nur die Stücke abreißt und klebt. Und das wochenlang. Danach male ich den Himmel über das ganze Bild." In einem letzten Schritt wird das Klebeband entfernt, sodass Bäume und Landschaft wie ein scharf silhouettierter Scherenschnitt aus dem locker vermalten abstrakten Maluntergrund aufscheinen. So entsteht eine verblüffend direkte Konfrontation von Abstraktion und Gegenständlichkeit. Szücs' Himmel strahlen faszinierend differente atmosphärische Stimmungen aus. Hier arbeitet der Künstler mit durchscheinenden Öllasuren, die - in vielen Lagen übereinander aufgetragen - große Leuchtkraft entwickeln. In ihrem Wechsel von Lakonik und Dramatik erinnern sie an die Himmel von Jacob van Ruisdael.

 

"Wie wichtig ist für Ihre Arbeiten die Auseinandersetzung mit kunsthistorischen Positionen?"

 

"Das ist selbstverständlich, dass die Kunstgeschichte wichtig ist. Man muss wissen, woher man kommt. Ich finde das 20. Jahrhundert mit dem Surrealismus und dem Dadaismus am spannendsten, hier wurden die Gesetze der Kunst völlig neu definiert. Wichtig ist aber auch das Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Impressionismus, der den Weg für die moderne Kunst vorbereitet hat." Dieser Bezug zu Surrealismus und Dadaismus ist aufschlussreich, denn der Künstler schafft ja die erste abstrakte Malschicht quasi aus dem Unterbewusstsein: "Ja, das hängt damit zusammen. Auch mit dem Zufall. Ich würde es aber eher eine Art Automatismus nennen. In der nächsten Phase kommen dann konkrete Gedanken dazu."

 

Authorin: Dr. Susanne Rennert 

Wien

Katalog: MASTERS OF THE NORTHERN LIGHTS / DÜSSELDORF
Klasse Herbert Brandl, Kunstakademie Düsseldorf

Jenny Delhasse, Johanna Honisch, Christian Seidler, Levente Szücs, Alicia Viebrock
erschienen anlässlich der Ausstellung „MASTERS OF THE NORTHERN LIGHTS / DÜSSELDORF“ in der bechter kastowsky galerie, Wien (16. Jänner bis 1. März 2014)
Herausgeber: bechter kastowsky galerie, Wien

Text:


Levente Szücs’ aktuelle Bergwelten sind definiert aus intuitiver, freier Geste und konzeptueller Anlage. Jedes Bild verrät aufgrund der exakten Koordinaten im Werktitel den gemalten Berggipfel in den Alpen. Szücs Bilder sind in zwei Schichten aufgebaut. Zuerst überzieht der Künstler mit breiten Pinselfahrern in ausladenden geschwungenen Zügen die gesamte Fläche der Leinwand. Farbpatzer, Rinnspuren werden selbstverständlich stehengelassen, sind Resultat des Arbeitsprozesses. Grelle Farben sind keine Seltenheit und stehen somit diametral zum naturalistischen Image des Berges.

Eine offene abstrakte Komposition entsteht. Im zweiten Schritt überdecktder Künstler die brushstrokes mit nuancierter Schönwettermalerei - die Kante von Himmelszone und informeller Malerei definiert die Form des Bergmassivs. Ein Vexierbild zwischen Natur und Abstraktion entsteht. Zu den aktuellsten Arbeiten zählen großformatige Baumbilder im Panoramaformat – schattige aufwärtsstrebende Strukturen im lichten Blau.

Author: Florian Steininger

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